BERICHT VON AUGUST GÖVERT

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116. Panzer-Division

AUGUST GOEVERT

Am 3. Nov. 1944 wurden wir in Wegberg verladen und kamen am 4. Nov. 1944, ich glaube, es war ein Samstag, über Nideggen nach Schmidt um 9.00 Uhr an. Im Wald vor Schmidt standen wir in Bereitstellung. Die Panzer wurden noch einmal gewartet. Es gab Verpflegung und Panzerzusatzverpflegung.

"Eßt nicht altes gleich auf", sagte unser Panzerkommandant Feldwebel Dolezal zu uns. Die anderen befolgten seinen Rat. Ich aber habe alles aufgegessen. "Was nutzt die beste Verpflegung, wenn ich tot bin und sie nicht mehr essen kann!" waren meine Gedanken.

Wir hörten den Kampflärm in Schmidt, der unheilverkündend an unsere Ohren drang. Jeder war in der Nähe des Fahrzeuges. Immer wieder wurden in Gedanken die Möglichkeiten durchdacht, die man zum Überleben hat, wenn der Panzer getroffen werden sollte.

Ich zog mich etwas von den anderen zurück, nahm meinen Rosenkranz, den ich immer bei mir trug, und betete. Ich weiß heute nicht mehr, welche Gesetze ich gebetet habe. Dieses Gebet jedenfalls hat mir gut getan, und ich fühlte mich in Gottes Hand.

Um 14.00 Uhr hieß es dann: "Fahrer Marsch! Angriff auf Schmidt!" Der Panzer von Feldwebel Dolezal mußte Spitze fahren, ich fuhr mit meinem Panzer rechts an Schmidt vorbei auf Kommerscheidt zu.

Nach kurzer Zeit erreichten wir die ersten Häuser. (Wo dies genau war, weiß August Gövert heute nicht mehr. Wahrscheinlich ist es das Haus Haas gegenüber dem Weiher in Kommerscheidt gewesen, vielleicht auch noch ein anderes in diesem Teil Kommerscheidts.) Da kam plötzlich der Befehl: "Doiezal halt! Zurücksetzen!"

Wir waren wohl schon zu weit vorgefahren. Der Kommandant befahl dann: "Bubi, (so wurde August Gövert von Feldwebel Dolezal genannt) sofort zurücksetzen! Turm auf sechs Uhr!" Turm auf sechs Uhr heißt: Die Kanone zeigt nach hinten. Dies war für mich wie ein Todesurteil. Wenn der Turm auf sechs Uhr steht, kann der Fahrer nicht mehr aussteigen, weil der "Rucksack" am Turm über die Luke vom Fahrer ragt und ihm so den Weg nach außen versperrt.

Gerade hatten wir mit dem Zurücksetzen begonnen, als ein Zittern und Beben meinen Panzer durchlief. Die Granate eines amerikanischen Panzers hatte mein Fahrzeug im Turm getroffen. Der Treffer war so unglücklich, daß der Kommandant Dolezal und auch der Richtschütze sofort tot waren. Der Ladeschütze und der Funker wurden verwundet. Ohne daß ich dies wußte, verließen beide den Panzer.

(Leutnant Fleig von der US Panzerspitze, konnte nicht begreifen, daß nach einem Treffer mit einer Sprenggranate die Besatzung schon sofort das Fahrzeug verließ. Darüber war er sehr verwundert. Es war sein erster Schuß heute nach der anstrengenden Fahrt von Vossenack durchs Kalltal hoch und gleich auch schon ein Volltreffer.)

Von alledem bekam ich unten im Panzer nichts mit. Ich hörte nur im Kopfhörer:

"Der Unteroffizier ist tot!"

Es war allerdings kein Unteroffizier im Panzer, der Kommandant war ja Feldwebel Dolezal.

Ich habe jetzt versucht, den Panzer zu drehen, da bekam ich einen Treffer von vorn. Dieser drang beim Funker ein, der ja zum Glück schon ausgestiegen war. Die Funkgeräte neben mir hielten die Splitter von der Granate ab, ich bekam nur einen kleinen Splitter in die rechte Augenbraue. Da habe ich Glück gehabt. Bei dem Treffer flog meine Luke weg. Ich überlegte nicht lange und kletterte hinterher.

AUGUST GOEVERT BRETAGNE

Zunächst ging ich hinter dem Panzer in Deckung. Dann bemerkte ich links neben mir ein Gartentor. Ich robbte darauf zu und wollte hindurch, um mich von meinem Fahrzeug zu entfernen. Doch kaum war ich hinter dem Panzer weg, als die Kugeln nur so um mich herum pfiffen. Die Amerikaner nahmen mich unter Feuer. Sofort ging ich wieder hinter dem Panzer in Deckung. Doch jetzt bemerkte ich, daß dieser brannte. Da noch genügend Munition im Panzer war, konnte dieser jeden Augenblick explodieren.

Ich schaute nun nach rechts und gewahrte den Eingang zu einem Hühnerstall. Neben dem Panzer lag meine Mütze, Diese hob ich auf, dann sprang ich in den Hühnerauslauf und dann ins Haus. Das Haus war schon total zerstört.

Nach kurzer Zeit sah ich Oberfeldwebel Pichler, der mit seinem Panzer ebenfalls auf der Rückfahrt war. Dieser winkte mir zu. auf seinen Panzer zu springen. Dies tat ich auch, und hier traf ich nun meinen Ladeschützen und meinen Funker wieder. Beide waren verwundet, genau wie ich, doch konnten wir uns am Panzer des Kameraden Pichler noch festklammern.

Wie weit und wie lange ich auf dem Panzer gewesen bin, weiß ich nicht mehr. Doch es war die reinste Hölle. Erst jetzt merkte ich, was für einen Feuerzauber man auf einen Panzer veranstaltet. Mit Gewehren, Maschinengewehren, Gewehrgranaten und Pak (Panzerabwehrkanone), mit allem, was die Amerikaner zur Verfügung hatten, wurde auf unseren Panzer geschossen. Die Granaten konnte ich buchstäblich durch die Luft sausen sehen, wir hörten ihr unheimliches und tödliches Pfeifen und Rauschen, und wir preßten uns gegen den kalten Stahl, so als ob er unser Leben retten könnte. Wir sahen die Dreckfontänen in die Höhe schießen, wenn die Granaten explodierten, die Splitter jaulten über uns hinweg. Zum Glück wurden wir nicht getroffen.

Nach einiger Zeit bemerkte ich einen Bunker, ich sprang vom Panzer ab und lief auf den Bunker zu, öffnete die Tür und ging hinein, "Come in my boy and shut the door!" {Komm rein, Junge, und mach die Türe zu!) So wurde ich von Amerikanern empfangen, die den Bunker besetzt hatten und hier den Angriff der Deutschen abgewartet und überstanden hatten.

Sie boten mir Platz an, versorgten meine Wunde an der rechten Stirn, gaben mir eine Zigarette, die ich mit ihnen geraucht habe. Einige Zeit später hörten wir im Bunker das Geräusch eines Panzers, das Brummen des Motors und das Rasseln der Ketten. Ich verabschiedete mich von den Amerikanern, die mich auch ohne weiters nach draußen ließen.

Mit diesem Panzer fuhr ich dann zurück nach Schmidt. Dort traf ich jetzt auf die Panzer von Oberleutnant Adams, ich glaube es waren drei Panzer. Nun haben wir zunächst die Verwundeten notdürftig versorgt und dann weggebracht.

An der Kirche sah ich auf einer Wiese neben der Straße ein Sturmgeschütz stehen. Nur ein Mann der Besatzung war noch übrig geblieben. Der Fahrer war tot. Neben dem Sturmgeschütz lagen noch fünf verwundete Kameraden. Es war sehr schwer, diese Leute auf das Sturmgeschütz zu heben, doch mit gegenseitiger Hilfe schafften wir es schließlich. Dann fuhr ich mit den Verwundeten los in Richtung Harscheidt. Dort im Wald war ein Lazarett. Hierhin brachte ich die Verwundete. Unterwegs war allerdings einer verblutet, da kein Sanitäter weit und breit zu finden war, und wir nicht helfen konnten.

Für diesen Angriff wurde August Gövert das Eiserne Kreuz verliehen. Er und seine im Bericht genannten Kameraden wurden außerdem in das Ehrenblatt der 116. Panzer-Division eingetragen.

~~~~ August Gövert ~~~~
(Aufgezeichnet in 1994)

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Quelle: Heimatbund Schmidt e.V.

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